Sie zählt zu den bekanntesten Film- und Fernsehschauspielerinnen Österreichs, auch dank des phänomenalen Erfolges ihrer Serie „Schnell ermittelt“, zu der sie gerade für eine neue Staffel vor der Kamera steht. Ab 30. September ist sie außerdem in dem Psychothriller „Mein Fleisch und Blut“ auf der Kinoleinwand zu sehen. Just Taste traf Ursula Strauss zum Umtrunk im Wiener Hotel „Grand Ferdinand“.
Schauspielerin Ursula Strauss geht in ihrem neuen Film „Mein Fleisch und Blut“ an emotionale Grenzen. Privat ist Strauss vor allem seit ihrem verheerenden Autounfall vor zwei Jahren ein anderer Mensch geworden: In ihr Leben sind die Besonnenheit und das Genießen zurückgekehrt, wie sie im Gespräch mit Just Taste erklärt; Genuss und Lebensfreude sind die neuen Eckpunkte in ihrem Leben. Zum Umtrunk im Wiener Luxushotel Grand Ferdinand erscheint Uschi Strauss mit großer Wissbegier, was den Wein betrifft, und mit einer ausgeprägten Bodenständigkeit. Eigentlich genau die Philosophie, die Just Taste verfolgt.
Just Taste: Uschi, du sagst, seit deinem Autounfall sind die einfachen Dinge im Leben wichtiger geworden. Wie meinst du das?
Ursula Strauss: Durch ganz einfache Dinge kommt man drauf, welche Qualität das Leben haben kann. Ich komme aus dem Mostviertel und wir sind früher zur „Gröblbäuerin“ gefahren und haben uns an’ Speck und a’ Brot geholt. Der Speck vom Bauern ist in keiner Weise mit dem vom Supermarkt vergleichbar, finde ich. Und auch die Paradeiser, die man aus dem Garten holt, haben einfach einen herrlichen Geschmack. Eine Tradition, die man hochhalten muss. Also: Ich will wieder bewusster die einfachen Dinge des Lebens genießen.
Ich finde, dass sich in deinen Einstellungen durchaus eine gewisse Bodenständigkeit widerspiegelt, die für mich auch ein Grund für deine enorme Popularität ist. Wie siehst du das?
Das hat viel damit zu tun, dass ich ein sehr unsicherer Mensch bin. Ich habe festgestellt, dass es für mich leichter ist, diesen Umstand mit anderen zu teilen und nicht zu verstecken. Es gibt Gegner im Leben, gegen die kann man nichts tun, wie etwa unsere Endlichkeit, die ist ein Teil unseres Seins, die mit einer Grundangst und einer Grundunsicherheit verbunden ist. Dann kommen noch so viele andere Dinge dazu, die einen aus der Spur werfen können. Ich habe für mich beschlossen, dass ich kein Problem damit haben möchte, das zu zeigen. Denn in Wirklichkeit geht es um nichts und um alles gleichzeitig. Die Zeit, die wir haben, möchte ich mit so viel Spaß und Ehrlichkeit verbringen, wie nur möglich ist.
"Schlechter Wein geht gar nicht, gerade in Österreich."
Spaß ist ein gutes Stichwort. Wir haben heute eine Reihe bemerkenswerter Weine hier. Wie ist dein Verhältnis zum Wein?
Ich bin ein Genusstrinker. Mein Weinwissen ist nicht üppig, mein Weingeschmack ist aber gut. Also, schlechter Wein geht gar nicht, gerade in Österreich. Es gibt so hervorragende Weine bei uns, auch in leistbaren Preisklassen. Es gibt hervorragende Winzer, gerade auch die kleinen Betriebe. Ich bin ja ein Kind der Wachau und daher mit den Wachauer Weißweinen öfter konfrontiert als mit allen anderen Regionen Österreichs. Ich habe in Weißenkirchen kürzlich den Rieslingorden bekommen und mich sehr gefreut. Es ist grundsätzlich so in meiner Familie, dass der Veltliner hoch im Kurs steht bei uns. Das ist natürlich ein Klassiker, aber wenn der gut ist, dann ist es ein super Wein.
Beim Wein also lieber weiß oder rot?
Meine Brüder sind totale Weinkenner und haben mich viel gelehrt. Ich habe früher nur Rotweine getrunken, weil sie diese satte Farbe und diesen warmen Geschmack hatten. Zum Weißwein habe ich erst spät einen Zugang gefunden. Ich habe sicher erst mit 30 begonnen, Weißweine zu verkosten. Heute bin ich passionierte Weißweintrinkerin, also, wenn er kalt und gut ist.
Wir fangen heute mit dem „Primosecco“ vom Weingut Hagn an, einem Schaumwein. Man sagt, das sei ein klassisches Damengetränk, ist es aber gar nicht.
Ist es schon lange nicht mehr. Ich kenne viele Männer, die da ganz vorne dabei sind bei den Prickelgetränken, also bei Sekt und Champagner.
Dieser hier kommt aus dem Weinviertel und darf klarer Weise nicht Prosecco heißen. Daher der Name „Primosecco“.
Der schmeckt mir aber trotzdem sehr gut (lacht), er ist wirklich angenehm, der perlt nicht so. Ich mag Schaumweine nicht, die zu viel Kohlensäure haben, aber der ist wirklich gut. Er hat auch keinen zu intensiven Geschmack.
Als zweite Probe folgt ein Grüner Veltliner von Erwin Poller aus dem Weinviertel, der hat eine lustige Flasche, da ist eine echte Feder drauf. Der heißt nämlich Hühnergarten. Dort rennen auch tatsächlich Hühner im Weingarten herum.
Eine lustige Idee. Ich finde, alles, was man im Leben tut, sollte man auf seine eigene Art und Weise machen. Die Hühnerfeder finde ich witzig. Ich mag es, wenn ich merke, dass sich jemand etwas zu seinen Produkten überlegt. Ich mag Genauigkeit im Umgang mit dem Leben und mit den Menschen. In meinem Beruf sehe ich das genauso, und für mich bedeutet das, dass sich jemand wirklich damit auseinandersetzt und eine respektvolle Umgangsform für das Produkt hegt.
Du hast vorher deine Brüder erwähnt. Welche Art von Guideline haben sie dir mitgegeben? Immerhin warst du das einzige Mädchen …
Ich bin in einer großen Familie als Jüngste aufgewachsen. Bei drei Brüdern musste ich als einziges Mädchen schon schauen, wo ich bleibe, denn sie waren alle immer viel größer, viel schneller, viel gescheiter, viel älter als ich. Sie hatten den Vorteil, dass ich acht Jahre blöder, uncooler und langsamer war als sie. Die hatten schon ihren Spaß mit mir. Ich habe aber schon auch meine Wege gefunden, ihnen Paroli zu bieten. Aber meine Brüder haben mich auch beschützt und sich immer schützend vor mich gestellt.
Jetzt haben wir weiters den Sauvignon Blanc von Ploder Rosenberg. „Würzig und komplex, reife Frucht, pulvrig gemahlene Schoten, trocken und Lebenslust. Fischbegleiter und Spargelstrudel …“. Was hältst du von diesen Beschreibungen, die man oft im Internet findet?
Mir hilft das eigentlich überhaupt nicht, denn ich kaufe Weißwein bei den Winzern direkt oder bei einer Verkostung. Wenn er mir schmeckt, nehme ich ein paar Flaschen mit, oder ich mache Fotos von den Flaschen. Wir waren kürzlich in Barcelona und haben dort beim Essen zwei Weißweine getrunken, die waren fantastisch. An die muss ich immer wieder denken und werde sie mir jetzt irgendwann bestellen. Weshalb wir, wenn uns Weine schmecken, die Etiketten fotografieren.
"Ich bin selbst auch manchmal sehr ratlos."
Fällt es dir eigentlich schwer, als eine Person des öffentlichen Lebens auch einmal abzuschalten und genießen zu können?
Im Urlaub nicht, denn im Ausland kennt man mich ja eher weniger. Aber du hast natürlich recht, dass der Beruf auch ein gewisses Maß an Verantwortung mit sich bringt, denn es wird erwartet, dass ich auf alles sofort eine Antwort habe, und die habe ich nicht. Ich bin selbst auch manchmal sehr ratlos, was viele Dinge betrifft.
Du meinst Fragen wie: „Was halten Sie von Flüchtlingen?“ oder „Was denken Sie über Donald Trump“?
Ja, genau, ich bin aber keine Politikerin. Ich habe natürlich eine Haltung zum Beispiel zu Trump, eine Haltung zum Thema Flüchtlinge und Menschlichkeit. Ich bin an Politik interessiert und an der Art, wie sich unsere Gesellschaft entwickelt, aber ich weiß nicht immer Antworten auf das tagespolitische Geschehen. Es wird erwartet, dass ich eine klare Haltung habe, aber man kann in dieser Zeit, in der wir leben, nicht zu allem eine klare Haltung haben, weil alles so komplex ist und so viele verschiedene Baustellen offen sind. Es ist alles so ineinander verzahnt. Es ist nicht nur die Wirtschaft globalisiert, es sind ja auch die Probleme globalisiert. Darauf eine schnelle Antwort zu haben, ist absolut vermessen, ich habe sie nicht. Aber ich kenne meine Haltung zur Menschlichkeit und zur Humanität.
Hast du jemals Erfahrung gemacht mit vegetarischer oder veganer Ernährung?
Nein, dazu bin ich zu sehr Mostviertlerin (lacht), da komme ich nicht weg davon. Ich finde es allerdings vollkommen in Ordnung, wenn sich Menschen dafür entscheiden, und ich fand diese neulich ausgetragene Diskussion in Italien obsolet, weil ich mir denke, dass gute Eltern am besten wissen, was für ihr Kind wichtig und gut ist. Wenn sie sich dazu entschließen, ihr Kind vegan zu ernähren und sich eingehend damit beschäftigt haben, Alternativen zum Eiweißgenuss zu finden, dass der Körper gute Fette und Eiweiß bekommt, spricht nichts dagegen. Ich finde es absolut unsinnig, veganes Essen zu verbieten und gleichzeitig Fast Food zu erlauben.
Mich würde interessieren, was beim Spielen einer Rolle das Wichtigste für dich ist.
Für mich sind der Spaß miteinander und die Genauigkeit ganz wichtig. Ich kann nicht arbeiten, wenn ich merke, dass es meinem Gegenüber egal ist. Dienst nach Vorschrift, damit kann ich gar nicht, ich will Spaß haben an der Lebenszeit, die man miteinander verbringt. Trotz aller Tiefe, Ernsthaftigkeit und Problematik, aber wenn man irgendwie den Blick fürs Eigentliche verliert, ist mir auch der Spaß an der Arbeit vergällt. Mich nervt Eitelkeit, das will ich gar nicht. Ich brauche offene Augen von meinen Partnern, denn wenn sie nicht offen sind, kann man auch nicht spielen. Also man kann es schon, aber dann wirkt es gelogen. Beim Spielen gibt es Leute, die sich verweigern, und es gibt welche, die sich hingeben. Wenn es Letzteres ist, dann ist das nicht Text aufsagen, sondern man geht wirklich auf eine Reise.
Wir gehen jetzt wieder auf eine Genussreise: Herrenhof Lamprecht, Steiermark, ein veganer Wein. Und zwar ein roter Gemischter Satz, also eher ungewöhnlich.
Der ist sehr gut. Schmeckt vollmundig und lecker.
Manche finden den sehr straight. Magst du das?
Ja, auf jeden Fall! Ich bin jemand, der die einfachen Dinge schätzt, das war immer schon so, aber heute ist es ganz besonders wichtig für mich. Ich bin ein Kind vom Land, und wir waren es gewohnt, dass wir einfach zum Bauern gegangen sind und uns Milch, Eier und Fleisch geholt haben. Ich habe in Wien das Glück, einen guten Fleischhauer zu haben, wo ich weiß, woher das Fleisch kommt.
Was ja auch seltener wird …
Ja, leider. Aber ich finde es eine sehr gute Entwicklung, dass viele Menschen wieder zu den kleineren Geschäften einkaufen gehen. Da gibt es eine kleine Renaissance, glaube ich.
Kannst du dich noch erinnern, was der erste Genussmoment in deinem Leben war?
Ich habe vor einigen Jahren ein Familienkochbuch herausgebracht, da sind sehr viele solcher Erinnerungen drinnen. Zum Beispiel der Kakao oder das Butterbrot von meiner Oma. Oder Erdäpfel mit Butter. Herrlich! All das habe ich bekommen, wenn ich bei der Oma übernachten durfte. Im Schaukelstuhl, mit Decke über meinen Knien, in einer Ein-Zimmer-Wohnung, das war wunderbar, das werde ich nicht vergessen.