Sie ist eine der talentiertesten Ausnahmekünstlerinnen am Pianistenhimmel: Wir trafen die Wahlösterreicherin Maria Radutu auf ein paar Gläser. Und erfuhren z.B., welcher Wein Schubert ist. Wir waren so begeistert, dass wir das humorvolle und berührende Interview nicht kürzten. Lesen!
Die erfolgreiche Solo-Pianistin Maria Radutu (32) ist seit 2016 Universal Artist für Konzeptalben und veröffentlichte im gleichen Jahr "Insomnia" bei DECCA. Ihre solistische Karriere brachte sie nach Asien, Europa und in die USA durch Konzerte mit Orchestern wie das RSO Wien, Las Vegas Philharmonic, California Symphony, das Wiener Staatsopern Orchester oder Orquesta Classica Santa Cecilia.
Maria, du bist ja 1984 in Bukarest geboren. Wie war das mit Genuss in den 80er-Jahren in Rumänien?
Er war relativ eingeschränkt, gerade in Bezug auf Essen oder Trinken. Es gab eigentlich nur drei Nasch- oder Knabbersachen für uns Kinder. Eben die Maisstangen, dann hatten wir unglaublich grausliche Kekse mit einer Pseudo-Haselnussfüllung, die sicherlich keine einzige Haselnuss gesehen hatte. Und Hummerchips. Ich finde die Kekse nach wie vor eigentlich nicht genießbar, aber ich esse sie trotzdem gern, weil sie mich an früher erinnern.
Das heißt, dass Genuss schon auch mit Gefühlen zu tun hat, die man verbindet, mit Erinnerungen?
Ja, klar! Diese Kekse waren damals das einzig Süße, das ich essen konnte, nebst Omas Mehlspeisen natürlich. Es ist mehr die Erinnerung, nicht der Geschmack. Ich kann mich auch noch erinnern, dass es grüne Container gab, wo die Monatsrationen für Zucker und Öl ausgegeben wurden. Da haben sich die Leute um 3 oder 4 Uhr früh angestellt, sonst bist du zu deiner Monatsration nicht gekommen. Das konntest du ja nicht nachkaufen. Der Genuss war für mich das Zusammenhalten der Menschen, das gemeinsam essen, das teilen, wenn mal wer was gebraucht hat. Du bist einfach zum Nachbarn gegangen, wenn du etwa kein Öl mehr hattest - das war völlig normal.
"Es ist einfach leichter, gemeinsam zu kämpfen als alleine"
Würdest du sagen, dass menschlicher Zusammenhalt mit eingeschränkten Lebensbedingungen wächst?
Naja…es hat damals jeder kämpfen müssen und zusammen kämpfen ist einfach leichter als alleine. Diesen täglichen Kampf hatte jeder und das schweißt dann doch zusammen. Es ist leichter in schlechten Zeiten zusammenzuhalten als in guten. Und als ich in Wien war, habe ich gemerkt: Man braucht den anderen, den Nachbarn z.B., nicht so sehr. Wir hatten in Bukarest einen einzigen Familienvater auf der Stiege und kein warmes Wasser. Also hat er, da er die meiste Kraft hatte, immer einen Riesenkübel mit Wasser heiß gemacht, damit alle Kinder von der Stiege baden konnten.
Wann bist du eigentlich nach Wien gekommen?
Mit 14, also 1998. Da kam dann das heiße Wasser aus dem Wasserhahn. Einfach so. (lacht)
Kommen wir zu den ersten Weinen. Du hast vor dir im Glas drei verschiedene Weißweine, aber ich sage dir noch nicht, welche. Du verkostest also blind. Was sagst du?
(alarmiert) Aber erraten kann ich nichts! Ich kann nur sagen, ob’s mir schmeckt oder nicht.
Nein, keine Sorge, das ist keine Prüfungssituation. So sehen wir Wein nicht.
Also: Der erste Wein ist mir ein bisschen zu trocken…(rudert zurück) … also, mir persönlich. Der zweite ist herrlich, den würde ich auf Platz 1 setzen. Der ist Gelber Muskateller, gell?
Aber überhaupt nicht!
Was? Aber der schmeckt mir so gut! Meistens sind die Weißweine, die mir schmecken, Muskateller. Weil der so schön duftig ist. Und der dritte Weißwein landet bei mir auf Platz 2. Den könnte ich mir zu einem Essen vorstellen, aber nur ein oder zwei Gläser.
Wir lösen auf: Der erste Wein ist Daydreamer von Punk’s Finest, eine Cuvée aus Grünem Veltliner und Gelbem Muskateller aus Carnuntum.
Nein, das gibt’s nicht! Der war mir zu dünn, obwohl da Muskateller drinnen ist! Und außerdem schmecken mir die Weine von Punk’s Finest eigentlich immer gut.
Der zweite Wein - also der, der dir am besten geschmeckt hat - ist Köchlverzeichnis 508 vom Weingut Faber-Köchl, eine Cuvée aus Grünem Veltliner, Riesling und Weißburgunder.
(Maria lacht auf.) Nein, wirklich! Köchlverzeichnis! Wie lässig! Herrlich! Ich wusste gar nicht, dass es den gibt! Und der hat mir am besten geschmeckt!
Kannst du „Auf das Wohl aller Freunde“ (Köchl-Verzeichnis 508) singen?
Nein, bitte, ich kann überhaupt nicht singen…
Na, dann weiter in der Auflösung. Der dritte Wein, den du auf Platz 2 gestellt hast, ist der Gemischte Satz Sieveringer Ringelspiel von Jutta Ambrositsch aus Wien.
Wow! Der ist ein bisschen kantiger, den könnte ich nicht einfach so trinken. Aber der Köchlverzeichnis, das ist so einer, wenn ich heimkomme abends und müde bin, trinke ich den und bin zufrieden.
Was bedeutet dir Wein? Ist er wichtig in deinem Leben?
(lacht auf). Er ist wichtiger geworden, nachdem ich meine Tochter bekommen habe. Ich hatte nie alleine Alkohol getrunken, bis heute eigentlich selten. Aber am Ende des Tages, wenn meine Tochter schlafen gegangen ist und ich dann am Computer weitergearbeitet habe, dieses kurze „Runterkommen“, habe ich dann oft ein Glas Wein getrunken. Bis dahin war Wein für mich eine Partysache, jetzt aber entdeckte ich Wein als Genuss: ein paar Minuten mit mir selber, das Nachschmecken, das Ruhigwerden. Und dann die Ideen kommen lassen.
Welche Arten von Wein trinkst du am liebsten?
Als Rumänin natürlich die Süßen, das bin ich gewöhnt. Was in Österreich süß ist, ist bei den Rumänen trocken (lacht). Bei den Rotweinen mag ich’s fruchtig. Und auf gar keinen Fall Blaufränkisch. Der ist mir zu heftig.
„Ich brauche vor Auftritten keine Beruhigung, sondern das Adrenalin“
Trinkst du ein Gläschen Wein vor einem Konzertauftritt? Zur Beruhigung etwa?
Vor einem Konzert ist auch nur ein Schluck Wein das Schlimmste für mich. Auch nur ein Tropfen. Das geht gar nicht. Ich spüre den Alkohol zwar nicht, aber wenn ich mich dann ans Klavier setze, ist die Koordination der Hände ganz eine andere. Ich sehe: da Tasten, da Finger, aber die Verbindung ist weg (lacht). Aber nach dem Konzert ist Wein fantastisch! Ich brauche vor Auftritten keine Beruhigung, sondern das Adrenalin.
Wein und Musik haben nicht nur Kunstfertigkeit und Genussmoment gemeinsam. Beide werden von Experten oft derart abgehoben beschrieben, dass die Stilblüten krachen. Ich lese dir einen Weintext vor und bitte dich dann, mir zu sagen, was du davon hältst:
Mit der Reinheit eines Gebirgsbachs setzt die tief gegründete Cabernet-Frucht Médoc-Maßstäbe, der Gaumenauftritt erinnert in seiner Stilsicherheit an die ikonenhafte Grace Kelly, in einem großen Spannungsbogen von hoher innerer Vibranz, der seine Grundschwingung aus der schier unglaublichen Komplexität des in Süße kulminierenden Extrakts erfährt und der seinen Rhythmus aus der Euphonie der Taktgeber zieht, gleitet dieser vor Frische strotzende, eminent elegante und Geduld fordernde Schwergewichtler in ein Finale von epischer Länge, von dem der Verkoster noch immer schwärmt.
Maria fällt von einem Lachkrampf in den nächsten.
Soll ich sagen, was ich verstanden habe? Irgendwas mit Bach und Grace Kelly. Jetzt ganz ehrlich: Ich habe keine Ahnung, welcher Wein mich da erwartet. Der Text ist ganz nett, weil er mit Emotionen spielt, aber er gibt mir absolut keinen Aufschluss darüber, wie der Wein schmeckt. Für Literaturwissenschaftler sicher interessant, hat für mich aber nichts mit Wein zu tun. Aber ich hab auch ein Beispiel – einen Musiktext. Pass auf:
Mit einem a-Moll-Akkord – ein Quartsextakkord, d.h. der Basston ist die Quinte und nicht der Grundton des Akkordes) wird der Satz eröffnet. Anstelle des Daktylus-Rhythmus’ des ersten Satzes beherrscht nun ein zweitaktiger Rhythmus, gewonnen aus dem 3. und 4. Takt, das Geschehen. Dieser Grundrhythmus durchzieht den gesamten Satz. Er wird von Streichern, ohne den Violinen mit dem Hauptthema des Satzes, angestimmt. Diesem Thema wird ein zweites Thema in den Bratschen und Violoncelli dazugestellt. Beide erklingen gleichzeitig. Das neue Thema, das wie ein klagender Gesang klingt, wird mit dem Hauptthema kombiniert. Beim 3. Erklingen des Hauptthemas wandert dieses in die ersten Violinen, das 2. Thema wird den 2. Violinen zugewiesen. Dynamisch wachsen die Themen zu immer größerer Lautstärke an – crescendo poco a poco lautet die Vortragsbezeichnung.
Okay. Ich habe verstanden: klagender Gesang, Streicher ohne Violinen, mehrere Themen und es ist ein Vortrag. Muss irgendwas Arges sein. Stockhausen?
Maria spielt den 2. Satz von Beethovens 7. Symphonie vor.
Das ist ja nicht möglich!
Doch! Und das Schlimmste ist: Das ist eines der schönsten Musikstücke überhaupt. Der Text ist nicht einmal eine Analyse, sondern einfach eine Musikbeschreibung. Das Lustige ist: Wenn du auf Youtube nach diesem Stück suchst, kommt als erstes Ergebnis „Beethoven 7. Symphonie, 2. Satz – entspannen und heilen“ – das ist der andere Zugang...
Und wie ist dein Zugang zu Musik?
Die Musikanalyse ist für die Ausführung sehr wichtig. Ich schau mir das alles an, versuche zu verstehen, in welcher Zeit das entstanden ist. Was hat es damals bedeutet zu lieben, was hat es bedeutet, die Geliebte erst nach drei Monaten wieder sehen zu können und nicht einfach eine SMS schreiben zu können? Danach aber lege ich alles weg und filtere die Musik durch meine Gefühle. Und versuche das Stück dann so zu bringen, dass das Publikum zu seinen eigenen Gefühlen finden kann.
Das heißt, Musik hat für dich viel mit Stimmungen zu tun?
Absolut! Ich mag zwar nicht, wenn jeder seine Kunstrichtung als die absolute darstellt, jeder ist gleich viel wert. Aber Musik ist tatsächlich die Kunstform, die am schnellsten unter die Haut gehen kann. Sie bewegt das eigene Befinden, ohne dass man nachdenken muss. Natürlich muss ich den Kopf einschalten, mit Technik und musiktheoretischem Wissen an Musik herangehen. Aber das ist es nicht allein. Ich freue mich natürlich, wenn jemand nach dem Konzert kommt und sagt „Du hast dieses Thema so toll gemacht, weil…“. Aber ich freue mich genauso über „Ich habe nichts verstanden, aber ich habe geweint.“ Weil dieser Mensch das Stück dann nämlich sehr wohl verstanden hat.
Verstanden ist vielleicht das falsche Wort. „Begriffen“ finde ich schöner.
Ja, genau! Er hat die Musik dann begriffen.
„Dieser Rotwein ist so frech wie Schostakovich“
So, jetzt kommen die drei Rotweine. Wieder drei verschiedene Regionen und Produzenten. Koste dich doch bitte einfach durch. Und wenn das möglich ist: Kannst du den Weinen Musik zuordnen?
Oh, das ist spannend! (Maria verkostet) Der erste schmeckt mir sehr gut! Das ist Schubert.
Klavier oder Orchester?
Lied!
Wieso?
Weil manche Weine oder Schubert-Stücke vielleicht auf den ersten Blick lieblich wirken könnten, aber eigentlich sehr viel Tiefe haben.
Der zweite Wein?
Der Geruch ist ein Wahnsinn! Ich würde ihm Schostakovich zuordnen. Weil ich den Wein unglaublich frech finde. Der russischen Musik Anfang des 20. Jahrhunderts war die Vergangenheit vollkommen egal, man war total bestimmt, fand den Mut zur eigenen Sprache. Das finde ich bei dem Wein auch. Also, ich stelle mir vor, Schostakovich trinkt den Wein und sagt: „Das kann man nicht machen. Ist mir wurscht, ich mach’s trotzdem!“
„Der wäre Graf Draculas Lieblingswein“
Und was sagst du zu dem dritten Rotwein?
Hohoho! Der riecht nach Fleisch. Darf man den überhaupt als Veganerin trinken?
Der riecht ja nur so, da ist ja kein Kalb ins Fass gefallen…
Wagner!
Warum?
Weil ich ihn ein bisserl zu heftig finde. Er hat Elemente, die ich wunderschön finde, aber als Ganzer ist er mir einfach zu heftig. Kann Wein nach Blut riechen?
Ja, natürlich!
Der ist was für Graf Dracula. Den Wein würde ich auf jeden Fall empfehlen, aber ich selber würde ihn nicht trinken.
Ich löse auf: Der erste Wein - dein Schubert -, der dir am besten schmeckt, ist Le Diable von Gipsy Wines, eine südfranzösische Cuvée aus Syrah und Cabernet Sauvignon.
Was? Den kenne ich! Den trink ich unglaublich gerne. Wieso ich den nicht erkannt habe…
Nummer 2, dein Schostakovich und Platz 2 für dich, ist Mouthbomb vom Winepunk, eine toskanische Cuvée aus Cabernet Sauvignon und Sangiovese. Und der dritte, dein Wagner, ist Buchertberg Rot von Herrenhof Lamprecht, eine steirische Bio-Cuvée aus Blaufränkisch, Blauer Wildbacher, Pinot Noir und St. Laurent.
Blaufränkisch! Ich wusste es! Den mag ich einfach nicht. Mir ist der eben zu heftig.
Hat eigentlich Wein für dich auch viel mit Stimmungen zu tun?
Schon. Und das verändert sich auch. Wo und mit welchen Leuten ich Wein trinke. In welcher Situation. Schwerere Rotweine mag ich zum Essen, leichtere sind mir lieber, wenn ich mit Freunden im Gespräch bin. Da soll der Wein nicht dominieren, finde ich.
Glaubst du, dass Musiker einen besonderen Zugang zu Genuss haben?
Naja. Wir haben schon einmal durch unseren Beruf einen leichteren Zugang, weil man gerade nach einem guten Konzert nicht einfach nach Hause gehen kann. Wir brauchen diesen Moment mit Leuten und da ist Wein absolut essenziell. Außerdem erleben wir einfach alles stärker, weil wir ständig in Kontakt mit den eigenen Gefühlen sind und sie dann wieder ausdrücken müssen. Ich bin überzeugt, dass die Spannweite an Empfindungen stärker und bewusster ist. Jedenfalls empfinde ich das so.
Hat geniale Kunst immer etwas mit Grenzgängertum zu tun?
Ich habe noch nie, in welchem Kunstbereich auch immer, einen Kreativen erlebt, der nicht an seine Grenzen geht. Da kommt sonst nur Banales heraus. Das ist jedenfalls meine Meinung.
„Über Monate habe ich in der Nacht nur drei Stunden geschlafen“
Ich habe dich ja schon öfter als geniale Künstlerin auf der Bühne erlebt. Heißt das also, dass du ein Leben am Limit führst?
Teilweise ja. Als Interpretin musst du aber auch kontrollierte Phasen haben – beim Üben zum Beispiel. Die Herausforderung ist für mich eher, die Balance zu finden zwischen dem Kontrollierten, Bewussten, damit ich das Stück dann „in die Finger kriege“, also die Virtuosität bekomme. Und auf der anderen Seite die absolut essentielle Freiheit, das Loslassen, die Gefühlsbetontheit.
Wo sind deine Grenzen?
Ich habe über viele Monate drei Kalender gehabt und drei Leute, die mir geholfen haben. In der Nacht habe ich drei Stunden geschlafen, untertags 3 x 20 Minuten auf der Yogamatte. Ich kenne es also, mit dem Körper an die Grenzen zu gehen – zu erleben, wie viel ein Körper mitmacht, z.B. in puncto Schlafentzug. Das geht nur für eine gewisse Zeit. Und es geht nur, weil ich wahnsinnig gute Freunde habe, die den Stopp-Knopf drücken, wenn ich ihn nicht finde.
Das Klischee des manisch-depressiven Künstlers, der am Alltag scheitert, erfüllst du also nicht.
Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil: Im Alltag bin ich sehr positiv, optimistisch und packe die Dinge einfach an. Aber witziger Weise ist die Musik, die ich am schönsten finde, melancholisch oder schon fast depressiv. Ich hole mir also das Gegenteil des froh-optimistischen über die Musik in mein Leben. Das ist eine Art Ausgleich.
Findest du, dass traurige, depressive Musik echter ist? Vielleicht weil die Leute diesen Teil der menschlichen Gefühlswelt in einer Spaßgesellschaft nicht leben können?
Ich kann nur von mir ausgehen. Ich habe das Gefühl, um wirklich das Leben reichhaltig erleben zu können, brauche ich alle „Sparten“ des menschlichen Empfindens. Es ist mir auch egal, ob das jetzt ein positives oder negatives Gefühl ist, sondern das Erleben ist mir wichtiger. Wichtiger als zu sagen: Ich bin immer glücklich.
„Richtig platziert kann Webern, Berg oder Schönberg wirklich toll sein“
Was ist deine liebste Epoche?
Das wechselt. Aber seit ein paar Jahren liebe ich die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Da gab’s eine unglaubliche Vielfalt an Richtungen, extrem unterschiedlich. Bartok ist großartig, Schönberg habe ich aufgenommen, und zwar die sechs kleinen Klavierstücke. Das ist minimalistische Musik vom Schönsten.
Zu dieser Musik haben aber viele Menschen keinen Zugang. Eher zu den Romantikern mit Harmonien und Melodien, oder?
Richtig platziert kann Webern, Berg oder Schönberg wirklich toll sein.
Du denkst also in CDs?
(lacht) Ja, ich denke Musik in Konzepten.
Ich muss dich kurz aus dem Konzept bringen. Du hast jetzt zwei Süßweine vor dir stehen. Wie schmecken sie dir?
Maria kostet und schwelgt, schmatzt und genießt sichtlich.
Herrlich! Beide schmecken mir! Aber zu unterschiedlichen Gelegenheiten. Den ersten würde ich gerne am Abend trinken und genießen. Vom zweiten könnte ich nur wenig trinken, weil der so intensiv ist.
Der erste Wein ist eine kanadische Cuvée aus Gewürztraminer und Riesling von Pillitteri. Und der zweite ist die Cuvée Beerenauslese von Gerhard Kracher aus Illmitz.
Die Weine kommen meinem Geschmack sehr entgegen. Ich will beide haben!
Kriegst du! Vielleicht für schlaflose Nächte? Dein letztes Album heißt ja „Insomnia“, also Schlaflosigkeit. Was ist deine Idee dahinter?
Es geht eigentlich um diese 3-5 Sekunden kurz vor dem Einschlafen, die ich aber als Jugendliche als eine ganze Nacht erleben konnte. Der Moment, wo der Ballast des Alltags kurz verschwindet, wenn alles verschwimmt und du zu dir kommst. Und dieses Zu-dir-Kommen ist nicht nur positiv. Daher ist die Musik auf „Insomnia“ auch vielfältig, weil ich denke, dass man auch dort hinschauen muss, wo vielleicht ein Alptraum ist. Aber auch wo Glück ist oder Unschuld. Auf der CD ist nicht der erste Teil „negativ“ und der zweite dann „positiv“, sondern ich finde, es ist positiv, dass wir diese gesamte Bandbreite an Gefühlen und Empfindungen erleben dürfen.
Letzte Frage: Hast du einen neuen Lieblingswein gefunden?
Den Pillitteri muss ich unbedingt haben. Und den Köchlverzeichnis auch. Die beiden waren heute wirklich meine unglaublichsten Weinentdeckungen! Wann kann ich wiederkommen?